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Der Nachbar nutzt sein Sondereigentum zweckwidrig, kann ich gegen ihn klagen?

Antwort: Nein
WEG § 14 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 1004 Abs. 1 Der einzelne Wohnungseigentümer kann nach Inkrafttreten des WEMoG nicht mehr von einem anderen Wohnungseigentümer oder dessen Mieter die Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums verlangen. Entsprechende Unterlassungsansprüche können nunmehr allein von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden
(Bestätigung von Senat, Urteil vom 16. Juli 2021 - V ZR 284/19, NZM 2021, 717 Rn. 13, 19 f.).

Der Nachbar oder sein Mieter macht Lärm, wer kann dagegen vorgehen?

Der Verwalter kann ohne Beschluss lediglich an die Hausordnung erinnern und wenn das nichts nützt, den Punkt der Unterlassungsklage auf die Tagesordnung setzen.

Der Eigentümer kann aber selber tätig werden:

BGH, Urteil vom 11. Juni 2021 - V ZR 41/19 - LG Hamburg AG Hamburg-Blankenese

WEG § 9a Abs. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3; BGB § 1004

a) Nach der zum 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes kann ein Wohnungseigentümer Unterlassungsoder Beseitigungsansprüche gemäß § 1004 BGB und § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, die auf die Abwehr von Störungen im räumlichen Bereich seines Sondereigentums gerichtet sind, weiterhin auch dann selbst geltend machen, wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum von den Störungen betroffen ist; die alleinige Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 2 WEG bezieht sich auf die Abwehr von Störungen des Gemeinschaftseigentums.

b) Das Recht des Wohnungseigentümers, Störungen abzuwehren, die sowohl den räumlichen Bereich seines Sondereigentums als auch das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigen, beschränkt sich auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche; nur unter den Voraussetzungen von § 14 Abs. 3 WEG kann ein einzelner Wohnungseigentümer Ausgleich in Geld verlangen.

Kann Änderung des Verteilingsschlüssels rückwirkend beschlossen werden?

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 19.08.2022 - 980b C 1/22 WEG

Umlagebeschlüsse, gestützt auf § 16 Abs. 2 S. 2 WEG n.F., sind nur dann ordnungsmäßig, wenn sie für die Zukunft wirken sollen.

Wer zahlt den Selbstbehalt?

Der seit Jahren schwelende Streit über diese Frage ist nunmehr geklärt.
Bei einem Leitungswasserschaden, der im räumlichen Bereich des Sondereigentums eines Wohnungseigentümers eingetreten ist, ist der im Gebäudeversicherungsvertrag vereinbarte Selbstbehalt - vorbehaltlich einer abweichenden Regelung - von allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu tragen.
BGH Urteil vom 16.09.2022 – V ZR 69/21

Vereinfachte Beschlussfassung über ehemalige Modernisierungen oder modernisierende Instandsetzungen

Das neue WEG trennt nur noch zwischen zwei Begrifflichkeiten. Der Erhaltung (etwas Defektes wird repariert oder erneuert) und der baulichen Veränderung. Alles was früher unter den Begriff der Modernisierung oder modernisierenden Instandsetzung fiel, ist nun mehr bauliche Veränderung.

Der Vorteil?
Alle Beschlüsse sind nun mit mit einfacher Mehrheit möglich, ohne dass es auf die Zustimmung aller von einer Maßnahme beeinträchtigten Eigentümer ankommt, wie es früher bei baulichen Veränderungen der Fall war.

Gibt es Nachteile?
Nur die Kostenverteilung ist zu beachten.
Grundsätzlich haben bei baulichen Veränderungen diejenigen Eigentümer die Kosten zu tragen, die mit Ja gestimmt haben.
Ausnahme: Wenn die Maßnahme mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen worden ist oder sich die Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisiert, zahlen alle.

Der Umlaufbeschluss im neuen Licht

§ 23 Abs. 3 WEG Was ist neu?

Nunmehr gilt ie Textform, also E-Mail reicht für die Abgabe der Stimme. An der Allstimmigkeit hat sich für den allgemeinen Umlaufbeschluss nichts geändert.

Ein Mehrheitsbeschluss ist aber im Einzelfall möglich, muss aber vorab so beschlossen werden, also bereits Gegenstand einer Tagesordnung gewesen sein. Fehlen für einen Beschluss bspw. noch 2 Angebote, kann beschlossen werden, mit Vorlage der Vergleichsangebote im Umlaufbeschluss mit einfacher Mehrheit über diesen Punkt zu entscheiden. Es handelt sich immer nur um einen konkreten Einzelfall. Eine Dauerregel ist nicht möglich, ein solcher Beschluss wäre nichtig.

Was ist neu an der Eigentümerversammlung?

Eine Eigentümerversammlung ist unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer stets beschlussfähig und zwar unabhängig von der Vorgabe der Gemeinschaftsordnung.
Die Einberufungsfrist beträgt nun drei Wochen unter Beachtung des § 187 Abs. 1 BGB ( Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt).
Wohnungseigentümer,die eine außerordentliche Eigentümerversammlung wünschen, könnten dies künftig auch in Textform, z.B. per E-Mail machen.
Unter bestimmten, engen Voraussetzungen können die Eigentümer die Teilnahme an der Eigentümerversammlung in digitaler Form beschließen. Vorausgesetzt ist, dass der Versammlungsraum alle technischen Voraussetzungen erfüllt und die Art der Teilnahme allen rechtlichen Anforderungen an die Teilnahme, insbesondere der Datensicherheit und der Nichtöffentlichkeit entspricht, dass auch die online Teilnehmenden in gleicher Weise mit allen Rechten an der Eigentümerversammlung visuell wie akustisch teilnehmen können, wie die Anwesenden. Gerade für sehr große WEGs wird dies technisch zu einer Herausforderung, da es kaum Räume geben dürfte, die dies technisch bieten.

Wer trägt die Kosten?

Den Bundesgerichtshof haben in den letzten Jahren insbesondere Teilungserklärungen beschäftigt, bei denen im Bereich der Kosten der Fensterinstandsetzung unterschiedliche Verantwortlichkeiten zwischen Sondereigentümern und der WEG geregelt waren.
Dies hat auch den Gesetzgeber beschäftigt und ihn unter anderem dazu veranlasst, der WEG im Bereich der Kostenzuordnung eine weite Entscheidungsfreiheit einzuräumen.

§ 16 Abs. 2 WEG ermöglicht den Eigentümern nun, mit einfacher Stimmenmehrheit über die Verteilung einzelner Kosten oder bestimmter Kostenarten zu beschließen. Dies gilt unabhängig von der bisherigen Regelung. Konkret: Auch wenn bspw. bisher die Gemeinschaft die Kosten der Fenstererneuerung und die Sondereigentümer nur die Reparaturen bezahlt haben, stellt es keine Ungleichbehandlung dar, wenn die WEG beschließt, dass künftig auch die Kosten der Fenstererneuerung von den Sondereigentümern zu tragen sind. Anderenfalls liefe das Gesetz leer. Dies wird in vielen Gemeinschaften nun für die Beendigung jahrelanger Streitigkeiten sorgen.

Neues zum Beirat

Die Anzahl der Beiratsmitglieder ist nicht mehr festgelegt.
Die Haftung für ehrenamtliche Beiräte ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.
Die Wahl eines NIchteigentümers war nach dem alten WEG zumindest anfechtbar möglich.

Da das Gesetz nun aber ausdrücklich bestimmt

Wohnungseigentümerkönnen durch Beschluss zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden
ist davon auszugehen, nahe, dass keine Beschlusskompetenz zur Wahl eines Nichteigentümers besteht. Mithin können Nichteigentümer auch nicht mehr anfechtbar gewählt werden.

Ich fechte die Jahresabrechnung an, weil mir die Darstellung nicht gefällt

Vorsicht, diese beliebte Spielart klagefreudiger Eigentümer hat der Gesetzgeber zur Entlastung der Gerichte abgeschafft.

Die Beschlussfassung beschränkt sich nur noch auf die Abrechnungsspitze, also den Differenzbetrag zwischen Planung und tatsächlicher Ausgabe. Die Form der Abrechnung selber ist hingegen nicht mehr Beschlussgegenstand. Angefochten kann also nur noch aufgrund fehlerhaften Abrechnungsergebnisses.

Vermieter Erleichterung § 556a Abs. 3 BGB

Zur Erleichterung der Abrechnung zwischen Sondereigentümer und Mieter hilft jetzt der § 556a Abs. 3 BGB weiter. Er lautet:

Ist Wohnungseigentum vermietet und haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten abweichend von Absatz 1 nach dem für die Verteilung zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Maßstab umzulegen. Widerspricht der Maßstab billigem Ermessen, ist nach Absatz 1 umzulegen.

Anmerkung (Abs. 1 regelt die Verteilung der Betriebskosten nach Wohnfläche).

Können wir unseren Verwalter jederzeit abberufen auch ohne wichtigen Grund?

Antwort: Ja, wenn man es sich wirtschaftlich leisten will.

Der Gesetzgeber hat der WEG diese Freiheit eingeräumt, ihr im Gegenzug gegenüber dem Verwalter zum Schadenersatz verpflichtet, wenn die Abberufung vor Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit erfolgt. In diesem Fall endet ein Vertrag mit dem Verwalter  spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.
Endet der Verwaltervertrag bspw. am 31.12. eines Jahres und bestellt die WEG den Verwalter zum 31.03. des Jahres ab, erhält der Verwalter noch eine Restvergütung, zwar nicht für die restlichen 8 Monate, dafür aber für 6 Monate. Bestellt die WEG ihn zum 30.09. ab, erhält er nur noch 3 Monate Entschädigung (das ergibt sich aus der Formulierung „spätestens“).